Die Geschichte der Dolomiten

Dolomiten: Ihr Name, ihre Geschichte

Wo liegen die Dolomiten genau? Wie sind die Dolomiten eigentlich entstanden? Und wie kamen sie zu ihrem Namen? Antworten auf diese Fragen findet ihr hier.

Wissenswertes um Dolomythos


Die Geschichte der Dolomiten – Das schönste Bauwerk der Natur

Die geografische Lage der Dolomiten ist nicht so leicht einzugrenzen. Als Kernbereich werden gewöhnlich das Pustertal im Norden, das Eisack- und Etschtal von Brixen bis Trient, die Valsugana, das Bellunotal bei Feltre bis Ponte nelle Alpi, das Piavetal und das Padoltal anerkannt. Damit würden aber wichtige Gebiete, welche selbst in das Welterbe aufgenommen wurden, wie die Brenta- oder die Friauler Dolomiten, wegfallen.

Deshalb ist es zielführender, die Dolomiten als jenen Teil der Ostalpen anzusehen, welcher durch geologische Zusammenhänge charakterisiert werden kann. So fallen auch die Lienzer Dolomiten hinein und genauso ein Teil der Karnischen und Brescianer Alpen, oder die „Kleinen Dolomiten“ rund um Recoaro, wo überall Grödner Sandsteine, aber auch Wengener Schichten abgelagert wurden oder durch die Dolomiten berührende, vulkanische Aktivitäten im Perm und der Trias in Berührung kamen. Sie verteilen sich neben den von der UNESCO anerkannten Provinzen Belluno, Bozen, Pordenone, Trient, Udine im weiteren Sinne auch auf Teile von Brescia, sowie die österreichischen Bundesländer Osttirol und Kärnten.

Auf nicht einmal hundert Kilometern Länge und Breite haben sich drei Sprachgruppen festgesetzt, welche unterschiedlicher nicht hätten sein können und deswegen auch vollkommen unterschiedliche Kulturkreise herausgebildet haben: Im Norden die deutsche, im Süden die italienische und rund um den Sellastock, aber trotzdem wieder durch willkürlich gezogene Grenzlinien dreier Provinzen getrennt, die ladinische. In den Provinzen Südtirol, Trient und Belluno leben mit eigens ausgeprägten lokalen Idiomen etwa 30.000 Ladiner.

Dieses eigenartige Gebiet gehört zu den Naturwundern dieser Erde, vergleichbar mit dem Gran Canyon, dem Bryce Canyon und dem Yellowstone -Nationalpark in den Vereinigten Staaten, dem Geysir-Valley in Neuseeland oder der schweizerisch-italienischen Gletscherlandschaft rund um das Matterhorn. Aber im Gegensatz zu den amerikanischen Nationalparks ist das Gebiet schon seit Jahrtausenden dicht besiedelt und im Laufe der Jahrtausende hat sich eine einzigartige Kulturlandschaft inmitten der Natur herausgearbeitet. Den für das Gestein, Dolomit, gibt es erst seit 1792, als ein abenteuerlustiger Franzose namens Dolomieu einen Stein aufsammelte, diesen selbst aber nicht zu bestimmen wusste, und ihn deshalb einem befreundeten Wissenschaftler sandte. Ab 1864 presste sich der Name „Dolomiten“ aus einer Publikation der beiden Engländer Josiah Gilbert und George Cheetham Churchill mit dem vielsagenden Titel „The Dolomite Mountains“ allmählich in das Gedächtnis der Menschen. Und es brauchte noch Jahrzehnte und viele erbitterte Kämpfe, um diesen eigenartigen Namen zum Allgemeingut werden zu lassen.

Hier in den Dolomiten befinden sich einige der schönsten Bergspitzen dieser Erde, aufgebaut durch Korallen, also durch lebende Organismen, sowie durch die vielfältige Modellierfähigkeit der Ozeane, der Auffaltung durch das Aneinanderprallen großer Landmassen und der Abtragung durch Wind und Wetter. Die heutigen Skifahrer bemerken nicht, dass sie eigentlich über einstige Korallenriffe im Geschwindigkeitsrausch herunterfahren, die Bergsteiger noch weniger, dass sie sich an manchem Korallenstock, einem Abdruck eines Dinosauriers oder an Meeresmuscheln festhalten. Einige Berge wie die Drei Zinnen und der Schlern wurden wegen ihrer majestätischen Ausdruckskraft zu tausendfach abgebildeten Symbolen hochstilisiert. Aber rundherum gibt es noch eine Vielzahl anderer Gebirgsstöcke, die genauso durch eine geheimnisvolle Schönheit bestechen. Der Latemar, durchzogen von aufsteigenden Vulkanschloten, der Sellastock als Korallenriff wie es im Lehrbuch steht, die Marmolata als letzter Gletscher der Dolomiten, die Civetta und der Pelmo, die Tofana, der Rosengarten, der Langkofel, die Pale di San Martino … Alle warten durch irgendwelche seltsamen Eigenheiten auf. Manchmal sind es malerische Gebirgsseen wie der Seekofel mit dem Pragser Wildsee, die Civetta mit dem Lago d’Alleghe, der Latemar mit dem Karersee, der Misurina-See bei den Drei Zinnen, die besondere Reize ausüben.

Quellen:
Michael Wachtler: Die Entstehung der Dolomiten
Michael Wachtler: Die Geschichte der Dolomiten
Marco Avanzini – Michael Wachtler: Reisen in die Urzeit


Ursprünge und Evolution der Blütenpflanzen

Eigenartig stellt sich die Entwicklungen der Pflanzenwelt dar. Dominierten die europäisch-amerikanischen Wälder im Karbon die Bärlappe, Schachtelhalme und Farne, erfolgten im Perm deren Niedergang und ein Ausbreiten der Nacktsamer wie der Nadelbäume, Ginkgos oder Palmfarne. Allerdings gab es noch im Perm einem isolierten Kontinent, der vom österreichischen Forscher Eduard Suess den Namen Angara-Land erhielt und Teile Russlands, des Urals und Sibiriens umfasste. Abgeschottet über viele Millionen Jahre, herrschte dort eine eigenartige Pflanzenwelt, welche zum größten Teil als Vorfahren der Angiospermen eingeordnet werden kann, während die Gymnospermen im Hintergrund blieben. Viele der heute bekannten Blütenpflanzen müssen dort ihren Ursprung genommen haben. Diese Theorie erarbeitete als Erster Michael Wachtler im Jahr 2017 nach intensiven Forschungen in der Ural-Region. So finden sich ab dem Unterperm schon Vorläufer der Steinfrüchte wie der heutigen Kirschen, Pflaumen oder Aprikosen, aber genauso Eichen-Urahnen, Ahorne, Eschen und Ulmen mit ihren leicht variierenden Flügelsamen, ja sogar die Vorläufer niedrig wachsender Blumen und Gräser. Sie erinnern in so vielen Belangen an die heutigen Blütenpflanzen-Nachfahren, dass sie oft kaum von ihnen unterschieden werden können, so als hätte sich in nahezu 300 Millionen Jahren nicht allzu viel verändert.

War einmal die prägendste Eigenschaft aller Blütenpflanzen – die Blüte – entwickelt, lassen sich alle anderen etwa 370.000 Angiospermen relativ leicht ableiten. Und der Weg dahin war genauso genial wie jener der im Perm noch hauptsächlich in Europa und Amerika aufgefundenen Koniferen oder Cycadeen. Denn während sich auf der sonstigen Nordhalbkugel im Perm kaum Insekten finden lassen, fiel der ehemalige Angara-Kontinent durch eine solche Vielzahl an Grillen, Fliegen, Bienenvorläufern, Spinnen, Libellen und Schaben – vielfach unter ihnen potenzielle Pflanzenbestäuber – auf, dass eine Symbiose naheliegend ist. Warum aber konnten sich diese Blütenpflanzenvorfahren in der Folge, besonders in der Trias, als sich alle Kontinente einschließlich Angara für Millionen Jahre vereint hatten, nicht rasant weltweit ausbreiten? Einmal kann dies damit erklärt werden, dass gewaltige sibirischen Vulkanausbrüche zwischen dem Perm und der Trias zur „Mutter aller Katastrophen“ führte welche mehr als drei Viertel allen Lebens ausrottete und dem frühen Siegeszug der Angiospermen ein Ende setzten, zweitens entwickelten sich die Vögel erst gegen Ende des Jura vor 140 Millionen Jahren. Erst ihr massenhaftes Aufkommen führte dazu, dass Samen und hier besonders jene der Blütenpflanzen durch den Zug der Vögel sich weltweit verbreitet werden konnten und damit zu einem rasanten Siegeszug der Blütenpflanzen führten.


Große Frauen der Dolomitenforschung

Ohne die Frauen in der Wissenschaft wüssten wir heute vieles nicht. Leider wurde ihr Beitrag sehr oft unterschätzt. Vielfach standen sie im Schatten ihrer Männer, welche den Ruhm beanspruchten. Zudem gab es viele Frauen aus dem Volk, denen Aufsehen erregende Entdeckungen gelangen. Michael Wachtler setzte sich zum Ziel, einige davon mit der Benennung neu entdeckter fossiler Pflanzen zu ehren. Hier eine Auswahl:

Ein wichtiger Farn und eine große Geologin
Die Farngattung Gordonopteris lorigae wurde von Michael Wachtler zuerst in den Pragser Dolomiten entdeckt und der schottischen Wissenschaftlerin Marie Ogilvie Gordon Gordon (1864–1939) zu Ehren benannt. Der Artname erinnert an die in die italienische Wissenschaftlerin Carmela Loriga Broglio (1929–2003), einer großen Dolomiten-Geologin. Im Jahre 1893 graduierte Maria Gordon als erste britische Frau zum naturwissenschaftlichen „Doctor of science“ und im Jahre 1900 – sie hatte mittlerweile drei Kindern das Leben geschenkt – promovierte sie als erste Frau an der Universität München. Auch für die Gleichberechtigung der Frauen setzte sie sich ihr Leben lang aktiv ein und gehörte dem ersten Vorstand des erdumspannenden „International Council of Women“ an.

Ein Ginkgo und eine vergessene Forscherin
Ginkgoites murchinsonae, eine 260 Millionen Jahre alte Ginkgo-Pflanze ehrt die englische Geologin und Fossiliensammlerin Charlotte Murchison (geborene Hugonin; 1788-1869). Sie begleitete ihren Mann Roderick Impey Murchison auf seinen Reisen, und fertigte Zeichnungen an. Mehrere Male besuchte sie die Dolomiten. Obwohl sie wesentlich bei seinen Arbeiten beitrug, war es ihr nie möglich als Mitautorin aufzuscheinen. Frauen war zu jener Zeit sogar der Besuch einer höheren Schule verboten.

Mary Lyell-Horner, die unbekannte wissenschaftliche Partnerin
Majonica lyellae, zum ersten Mal aus Montan einem Dorf im Südtiroler Unterland beschrieben ehrt Mary Lyell geborene Horner (1808-1873), Gattin des berühmten Charles Lyell. Obwohl sie niemals erwähnt wurde, war sie eine ausgezeichnete Geologin, welche auch in den Dolomiten forschte. Die mehrsprachige Mary (sie sprach fließend französisch, deutsch, spanisch und schwedisch) begleitete ihren berühmten Mann Charles auf den Exkursionen, auch in die Dolomiten und unterstützte ihn bei seinen wissenschaftlichen Forschungen, obwohl sie nie erwähnt wurde.

Eine verwegene Reiseschriftstellerin
Die permische Koniferenart Ullmannia edwardsae ehrt die englischen Schriftstellerin, Journalistin und Ägyptologin Amelia Edwards (1831-1892). In ihrem Buch «Untrodden Peaks and Infrequent Valleys» beschrieb sie eine Reise mit ihrer Gefährtin Miss Lucy Renshaw (1833-1919) durch die damals wenig bekannten Dolomiten.

Eine Aktivistin für die Gleichberechtigung der Frau
Mit der von Michael Wachtler neu beschriebenen Nemejcopteris stopesae ehrte Michael Wachtler die schottische Paläobotanikerin, Autorin, Frauenrechtsaktivistin und Pionierin im Bereich der Familienplanung Marie Stopes (1880–1958). Sie erlangte als erste und einzige Frau unter 500 Männern in München im Jahr 1904 ihre Doktorwürde. Anschließend ging sie nach Japan, um ihre Forschungen zu vertiefen.

Eine glänzende Paläobotanikerin
Mit der Beschreibung der primitiven Konifere Majonica clement-westerhofae ehrte Michael Wachtler die holländischen Paläobotanikerin Johanna A. Clement-Westerhof, der es im Jahr 1987 gelang die Ur-Tanne Majonica und ihre Flügelsamen aus den Dolomiten zu beschreiben. Auch auf dem Gebiet der Vorfahren aller heutigen Araukarien Ortiseia machte sie bedeutende Entdeckungen.

Zwei treue Reisebegleiterinnen
Die beiden Frauen Anna Churchill geborene Maitland-Laurie, kunstsinnig und musikalisch talentiert, sowie Susan Gilbert geborene Green (1809–1871), begleiteten ihre Ehemänner George Cheetham Churchill (1822–1906) sowie Josiah Gilbert (1814–1893) auf mehreren Reisen durch die Dolomiten. Das 1864 erschienene Buch der beiden Naturalisten “The Dolomite Mountains”, eine Zusammenfassung ihrer Reiseerlebnisse verhalf den Dolomiten zu ihrem Namen. Mit der Erstbeschreibung der beiden triassischen Araukarienvorläufer Araucarites gilbertae und Araucarites churchillae wollte Michael Wachtler beitragen, sie nicht der Vergessenheit anheimfallen zu lassen.

Eine berühmte Entdeckung
Die ursprüngliche Bärlappgattung Sigillcampeia ehrt die Erstfinderin Edith Campei aus dem Gadertal. Damit werden die wichtigen Beiträge jener sehr oft einfachen und bescheidenen Menschen gewürdigt, welche mit offenen Augen durch die Natur streifen und damit wichtige Forschungsleistungen vollbringen.

Die Dolomiten als offenes Tagebuch
Eocyclotes alexawachtleri ehrt die Lebensmittelchemikerin Alexa Wachtler, welche bei ihren Bergtouren eine seltsame und bisher unbekannte Bärlappgattung aus der frühen Trias entdeckte. All diese spektakulären Funde beweisen, dass gerade in den Dolomiten ein Schlüssel zum Verständnis der gesamten Pflanzenwelt liegt.

Quellen:
Michael Wachtler: Die Entstehung der Dolomiten